Am Morgen bin ich im Magazin für Arbeit und Arbeitsrecht über den Begriff des “Toxic Employees” gestolpert. Dahinter verbirgt sich ein Mitarbeiter, der ihr Gift in der Organisation versprüht. So könnte es zumindest von Arbeitgeberseite aus beschrieben werden.
Den “Toxic Employee” findet man an anderer Stelle in schönstem Beratersprech auch als Low Performer wieder. Kurz und knapp sind somit mit den toxischen Employees wie auch den Niedrigleistern Menschen bzw. Mitarbeiter gemeint, die den allgemeinen Anforderungen an das Menschsein oder an eine durchschnittliche Arbeitskraft nicht genügen.
Wenn man dem Gedanken des die Organisation vergiftenden Mitarbeiters verfolgt, müsste man ein Gegengift entwickeln und dem Gift damit die Stirn bieten.
Im Arbeitsalltag – ganz gleich ob während eines Veränderungsprozesses oder im laufenden Geschehen – sind wir entweder selbst betroffen, sind Kollege im toxischen Raum oder Führungskraft/Berater, der/die nun ein Gegengift entwickeln soll. Aber warum eigentlich? Können wir nicht den Menschen so lassen wie er ist? Gewiss – in einem oder anderen Fall ist das möglich. Häufig haben jedoch “Toxic Employee”s Einfluss auf jeden einzelnen im Umfeld, so dass das Akzeptieren des Verhaltens sehr selten möglich ist. Möchte man sich nun in seiner jeweiligen Rolle dem Thema widmen, sollte man sich der Ursache des Problems nähern. Was könnte den “Toxic Employee” dazu bewegt haben, seine Rolle auszuüben? Sind es Erkrankungen, die vorliegen (z.B. Suchterkrankungen, andere psychische Erkrankungen, physische)? Fehlt es an Motivation, Wissen oder ist der Mensch schlicht und einfach faul? Gibt es andere Gründe?
Dann sollte man sich klar darüber werden und warum man den anderen nicht so annehmen kann wie er ist. Ist dies tatsächlich nicht möglich, gibt es Motive in einem, die eine Verhaltensveränderung zur Folge haben “müssen”?
Eine Handlungsempfehlung
- Als Betroffener spüre ich vielleicht sogar selbst, dass “etwas nicht stimmt”. Unzufriedenheit, häufige Erkrankung, Motivationslosigkeit, Konflikte mit Kollegen und/oder Vorgesetzten häufen sich. Je nach Ursache kann ich das Gespräch mit meinem Vorgesetzten suchen, Ärzte aufsuchen, ggf. wenn vorhanden kompetente Ansprechpartner innerhalb meiner Organisation um Unterstützung bitten. Wenn ich mich unwohl fühle, habe ich zumeist drei Optionen: annehmen, dass es so ist und bleibt. Mit der Folge, dass dieses Reaktionen meiner Mitmenschen erzeugt. Als weitere Option kann ich versuchen meine Situation zu ändern, um zu erfahren, ob es mir besser gehen kann. Zuletzt besteht auch immer die Möglichkeit die Organisation bzw. das System, in der/ in dem ich mich befinde, zu verlassen. Meiner Erfahrung nach gibt es immer eine Wahl mit einer Situation umzugehen. Ich muss mich jedoch dafür entscheiden wie ich oder ob ich handeln möchte.
- Als Kollege in einem “vergifteten Raum” steht man meist im Zwiespalt. Der Kollege leistet bereits seit Monaten nicht die üblich zu meisternde Arbeit, man übernimmt permanent auch noch seine Aufgaben. Man kommt nicht zur Ruhe, da die Kollegin den zehnten Wutanfall innerhalb weniger Wochen ausgelebt hat. Jedoch sieht man dabei vielleicht auch den leidenden Menschen und fühlt sich hilflos. Um mit sich im Reinen zu bleiben und Ruhe zu bewahren, ist es wichtig sich in solchen herausfordernden Phasen abzugrenzen. Nach der Arbeit die Themen am Arbeitsplatz belassen und eine klare Grenze zum Privatleben ziehen. Ein Kollege erzählte mir, dass er als Verabschiedungsritual immer das Schließen der Bürotür gelten lässt. Eine Fahrrad-Fahrt nach Hause könnte ein ähnliches Ritual sein. Sollten sich dennoch der ein oder andere Arbeitsgedanke ins Privatleben einschleichen, ist das auch in Ordnung: entweder er bekommt diesen Raum oder er darf im Hintergrund bleiben und später durchdacht werden. Ein freundliches “Stop” zu seinen eigenen Gedanken kann hier schon sehr hilfreich sein. Für den Arbeitsalltag kann die von oben bereits bekannte Formel hilfreich sein: annehmen – ändern – abhauen. Um nun seinen eigenen Büroalltag angenehmer im Umfeld von toxischen Kollegen zu gestalten, sollte man zunächst mit sich selbst klären, was stört und was verändert werden soll. Wenn man sich hierüber im klaren ist, kann man in den Dialog mit dem betroffenen Kollegen gehen und seine Wünsche und Bedürfnisse äußern. Sollte dieser Gesprächsversuch nicht fruchten und die eigene Arbeitssituation sich nicht verändern, kann man die einem vorgesetzte Ebene um Unterstützung bitten. Würde auch hiernach keine Verbesserung der eigenen Situation eintreten, stehen einem immer noch Option 1 und 3 zur Verfügung: den Versuch zu wagen die Situation anzunehmen oder das System zu verlassen.
- Als Führungskraft steht man bezüglich “Toxic Employee”s vor einer besonderen Aufgabe. Möchte man seiner Führungsrolle gerecht werden, hat man unterschiedliche Interessen zu vertreten. Einerseits gibt es eine sogenannte Fürsorgepflicht des Arbeitgebers, andererseits gibt es Interessen bzw. Ziele des Unternehmens, denen jeder einzelne, jedes Team, jede Abteilung, jeder Bereich nachkommen sollte und die Führungskraft ist hier mit viel Verantwortung ausgestattet. Was nun tun? Je nach Situation gibt es unterschiedliche Handlungsoptionen. Auch hier kann man wieder nach dem oben bekannten leicht abgewandelten Schema vorgehen: annehmen – ändern – ziehen lassen. In einer Fortbildung wurde mir empfohlen, Mitarbeiter, die durch ausreichend schlechte Leistung aus einem Team herausstechen, zu ignorieren so weit es geht und sich den übrigen Teammitgliedern zu widmen und diese zu stärken. In manchen Fällen mag dieses Sinn machen, so lange das Team dies tragen kann und will und die Arbeitsleistung in Summe die Organisationsziele erreichen lässt. Grenzen der Duldung gibt es jedoch meiner Meinung nach, wenn gesundheitliche Beeinträchtigungen, Mobbing oder ähnliches zu erkennen sind. Zu prüfen ist in der jeweiligen Situation, ob man durch enge Aufgabenverteilung und Kontrolle der dazugehörigen Arbeitsergebnisse in eine praktische Überprüfung der Arbeitsleistung kommen kann. Wenn die Ergebnisse nicht ausreichend sind, kann die Option sein, den Mitarbeiter zum Verlassen des Teams und der Organisation zu bewegen. Fragen, derer man sich ebenso annehmen kann, sind folgende: Ist die Teamzusammensetzung zu verändern, um bessere Ergebnisse in Summe zu erreichen? Ist der Anspruch, sind die Ziele für das Team in Summe zu hoch? Sind die Mitarbeiter mit ausreichend Wissen ausgestattet. Als Vorgesetzter sollte man sich nicht scheuen, bei zu erkennenden (gesundheitlichen) Einschränkungen den/in Mitarbeiter/in darauf anzusprechen und zu erfragen, wie sich die Situation der Person aus eigener Perspektive darstellt, ob bereits Maßnahmen zur Verbesserung/Genesung eingeleitet wurden, welche Unterstützung durch den Arbeitgeber möglich und gewünscht ist und vor allem, warum einem dies wichtig ist. Im Dialog ist es wichtig zu erklären, welche Änderung man sich wünscht und welche Konsequenz eintreten wird, wenn diese nicht eintritt bzw. nicht eintreten kann.
In den beschriebenen Situation und nicht abschließenden Ausführungen sollte deutlich werden, dass als Gegengift zu toxischem Verhalten meist Worte und Gespräche – wertschätzend, empathisch und mit Respekt genutzt und ausgeführt – taugen.